Eins vorweg: Ich mag die fränkische Mundart, und da insbesondere den Nürnberger Dialekt. Jedenfalls dann, wenn ich andere sprechen höre. Wenn allerdings meine eigene Stimme in breitem Nürnbergerisch von einem Tonträger erklingt, ‚rolln si mir die Zehernägl aaf’, um es mal auf gut fränkisch auszudrücken!
Bis zu meinem zwanzigsten Lebensjahr habe ich ausschließlich hochdeutsch gesprochen. In meiner Jugend war Dialekt an Schulen verpönt. Außerdem war ich – bedingt durch mehrere Umzüge meiner Eltern – nie lange genug an einem Ort, um den dortigen Slang anzunehmen.
Mein Beruf verschlug mich dann nach Mittelfranken. Zuerst lebte ich zwei Jahre in Fürth (die Nürnberger mögen mir verzeihen), bevor ich endgültig in Nürnberg kleben blieb.
Was hatte ich anfangs für Probleme! Manchmal saß ich zwischen meinen Arbeitskolleginnen und -kollegen und hatte das Gefühl, irgend einen Slang aus der chinesischen Provinz Quangdong zu hören. Kurzum: Ich verstand kein Wort! Was haben wir oft gelacht, wenn ich wieder einmal naiv zu fragen beliebte: „Was ist das? Kann man das essen?“
Inzwischen lebe ich nahezu 50 Jahre in Mittelfranken. Selbst so spezielle Ausdrücke wie ‚Schnaubmhäferla’, ‚Wiechergaul’, ‚bläide Sunner’, Mamalaadaamerla‘, ‚Gänsgroong, zamzubfder’ oder ’Ozullds Buddlasbaa’ bereiten mir keine Probleme mehr. Ich kann sogar ‚Hosn’ und ‚Husn’ unterscheiden!
Es klingt aber auch wirklich putzig, dieses ‚Allmächd’, oder ‘Edzerdla’. So richtig weich und flaumig …
Wenn ich da an den Slang der Oberfranken denke … oje! Ich will ja niemandem zu nahe treten, denn ich liebe auch das Fichtelgebirge und seine Umgebung. Aber wenn ich zum Beispiel ‚Wousiedl’ höre, oder ‚Rawetz’ oder gar ‚Kroah’, dann hört sich das für meine mit dem weichen mittelfränkischen Dialekt verwöhnten Ohren an, als würde sich der Buldzermärtl mit seinem Rentier unterhalten! Hou hou wou … Nebenbei: ‚Wousiedl’ ist Wunsiedel, die Stadt der Luisenburg-Festspiele, ‚Rawetz’ steht für Marktredwitz, und die ‚Kroah’ ist eine Krähe. Dies nur für Nicht-Eingeweihte!
Was mir allerdings – auch nach so vielen Jahren in Nürnberg – immer noch gründlich missfällt, ist die Verunstaltung der bestimmten Artikel! Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, dass man hierzulande ‚der Butter’, oder ‚der Radio’ sagt! Oder wenn einer sagt ‚ich gäih heid in die Bfiffer’. Bei uns heißt das ordnungsgemäß ‚Pilze sammeln’. ‚Pfifferlinge‘ sind eine Pilzsorte, aber kein Allgemeinbegriff für Pilze. So!
Oder wenn ich an diesen Hang zum ‚weichen B’ oder zum ’harten T’ denke …
Dazu fällt mir übrigens eine Anekdote ein. Ich saß am Anfang meines Berufslebens in einem Büro mit mehreren Kollegen. Natürlich hörte man zwangsläufig die Telefonate mit, die dort geführt wurden. Eines Tages sprach ein Kollege mit einem Anrufer, der irgendwo im Rheinland zu Hause war.
„Also, ich woar gesdern doddn, und dou homs mier gsachd, dass …“, hörte ich ihn sagen. Logisch, dass damit a ‚Breiß’ – so nennen die Franken alle Bewohner jenseits der Mainlinie – nichts anzufangen weiß. Offenbar bat der Kunde dann meinen Kollegen, doch dieses ominöse ‚doddn’ zu buchstabieren. Das hörte sich so an: „T-o-r-t-e-n“. Bestimmt können Sie sich vorstellen, dass ich vor Lachen fast vom Bürostuhl fiel! Und nicht nur ich – auch die anderen Kollegen wieherten, dass man es bis auf den Flur hören konnte!
Soviel zum Thema ‚weiches B und hartes T‘.
Nichtsdestotrotz – ich mag den fränkischen Slang. Und nach einer längeren Urlaubsreise, während der ich ausschließlich hochdeutsch, englisch, griechisch, italienisch oder was auch immer gehört habe, klingt es wie Musik in meinen Ohren, wenn ich in den Bus steige und mich dann jemand folgendermaßen anspricht:
„Songs amol, braung Sie wergli zwaa Blätz fier ihrn Oarsch? Wenn Sie aweng ans Fensder rudschn dädn, nou kennerd ich mich a nu herhoggn!“
Spätestens in diesem Moment weiß ich: Ich bin wieder zu Hause!
@ Christine Rieger
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